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Berlin: Ausstellung über Tansania
Das Gebiet des heutigen Tansania ist geprägt von einer wechselhaften Geschichte. Aufgrund seiner Lage am Indischen Ozean waren die dortigen Gesellschaften schon früh Teil wichtiger Handelsnetzwerke.
Ihre Blütezeit erlebten die Küstenstädte zwischen dem 13. und frühen 16. Jahrhundert. Ihre Bewohner entwickelten eine kosmopolitische Kultur, die offen für fremde Kulturen und Menschen war.
Während der deutschen Kolonialherrschaft war Tansania Teil der Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ (1884/85-1918/19), danach britische Kolonie „Tanganyika“ (bis 1961). Die Folgen von Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt wirken bis in die Gegenwart.
Während des Kolonialismus wurden Tausende von Kulturgütern nach Deutschland gebracht. Im Ethnologischen Museum in Berlin befinden sich mehr als 10.000 Objekte aus dem heutigen Tansania.
Kolonialismus und Rassismus
Die Ausstellung „Geschichte(n) Tansanias“ erzählt die vielseitigen und tief in die Vergangenheit reichenden Geschichten der Gesellschaften und Menschen, die auf dem Gebiet des heutigen Tansania lebten.
Gleichzeitig widmet sich die Ausstellung den hier gezeigten Kulturgütern: Sie thematisiert nicht nur deren Herkunft und Bedeutung, sondern stellt Fragen nach ihren Geschichte(n) und Kontexten, die im musealen Archiv nicht dokumentiert wurden.
Es geht um die Perspektiven der Menschen, die die Objekte schufen, deren frühere Besitzer und Bewahrer sowie Nachfahren. Dabei werden koloniale Narrative und rassistische Zuschreibungen kritisch hinterfragt.
Nicht ohne Einverständnis
Die Ausstellung wurde gemeinsam von Kuratoren des National Museum of Tanzania, des Ethnologischen Museums und der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss entwickelt.
Die Vertreter der Gesellschaften, aus denen die Kulturgüter kommen, wurden im Sinne der respektvollen Repräsentation der Objekte eingebunden: Ohne Einverständnis keine Präsentation! Dies war der wichtigste Grundsatz in Vorbereitung der Ausstellung.
Nachdem sich das kuratorische Team auf eine erste Auswahl von Kulturgütern geeinigt hatte, reiste eine Delegation im September 2023 in elf Orte in Tansania, um mit Vertretern verschiedener Gesellschaften und Nachfahren einzelner Vorbesitzer zu sprechen.
Wo die Präsentation nicht erwünscht war, wird für die fraglichen Objekte ein „Stellvertreter“ in Form von maßstabsgetreuen Zeichnungen der Originale gezeigt.
Ausstellungsgestaltung in Teak und Bambus
Die Objekte werden in einer raumgreifenden Architektur aus Teakholz und Bambus in sogenannten Spheres präsentiert. Diese schützt die Objekte und bietet zugleich eine ästhetisch-sinnliche Erfahrung.
Die auf dem Boden liegenden Matten sind aus Milulu-Gras gefertigt, die in Tansania viel in Innenräumen verwendet werden. Die wabenförmige Netzstruktur unterteilt die Ausstellung in verschiedene Spheres oder Knoten und greift damit den Ansatz auf, nicht die eine Geschichte, sondern viele Geschichten Tansanias und der dort lebenden Gesellschaften zu erzählen.
Kurzfilmprojekt City Research
Integraler Bestandteil der Ausstellung ist das internationale Schülerprojekt City Research. Zwei Gruppen von Schülern – eine in Berlin, eine in Dar es Salaam – begaben sich auf Stadtuntersuchungen und befassten sich mit Spuren des Kolonialismus.
Es entstanden Kurzfilme, die sich zum Beispiel mit Gebäuden, Straßennamen und Plätzen beschäftigen und die in der Ausstellung gezeigt werden.
Ergänzt wird die Ausstellung durch ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm, das aktuelle künstlerische Positionen aus Tansania und der tansanischen Diaspora präsentiert.
Tansanische Künstler aus den Bereichen Film, Tanz, Fotografie, Medienkunst und Musik geben Einblick in aktuelle Debatten, Ästhetiken und Strategien der kulturellen (Wieder-) Aneignung.
Weitere Informationen über die Ausstellung findet man beim Humboldt Forum
© Text: Humboldt Forum