
GROSSFEUER AM TAFELBERG
Ein herrlich spätsommerlicher Sonntagmorgen lud zu einer ausgedehnten Rennradtour von Vredehoek nach Blouberg ein. Wir radelten los und sahen schon bald über der Universität riesige Rauch- und Aschewolken aufsteigen. Nun sind die Kapstädter an die traurige Gewissheit gewöhnt, dass in der trockenen Jahreszeit Brände am Tafelberg entstehen – diese sind aber in der Regel schnell wieder gelöscht.
Diesmal schien es anders zu sein. Von Blouberg-Strand aus sah man das enorme Ausmaß des Brandes, der sich langsam um den Devil’s Peak herum Richtung City Bowl und damit zu unserem Stadtteil Vredehoek zu fressen schien. Der Brand beschränkte sich noch auf einzelne Feuer hoch oben am Berg. Im Laufe des Abends aber veränderte sich die Situation dramatisch. Das ganze Viertel war in blauen, beißenden Rauch gehüllt.
Nach sorgenvoller Nacht hörten wir, dass die Straße oberhalb unserer Wohnung vorsorglich geräumt worden war. Vredehoek, ein lebendiges und junges Viertel, wirkte wie ausgestorben. Leute schleppten Koffer zu ihren Autos und gossen noch ihre Gärten. Die Sorge der Anwohner war geradezu mit Händen zu greifen.
Allerdings muss man auch feststellen, dass die Menschen hier erprobt sind in solchen Situationen und geradezu stoisch und frei von Panik handeln. Reizende ältere Damen streifen sich eine „Neighbourhood watch“-Weste über und regeln – das Walky-Talky in der Hand – den Verkehr, so dass keine Fahrzeuge den Weg versperren können. Jeder sieht dies ein, es gibt kein lautes oder böses Wort und man folgt den Bitten und Weisungen. Das Feuer hatte sich nun tatsächlich nah herangefressen. Im Laufe dieses Vormittags schien sich die Lage etwas zu entspannen. Nur hoch oben zwischen Devil’s Peak und Tafelberg, einem wunderschönen Wandergebiet, loderten noch vereinzelt Feuer.
Am Montagmittag änderte sich die Lage dramatisch. Ein rasender Wind frischte auf und setzt den Berg wieder in Flammen. Es war beängstigend anzusehen, wie die Flammen immer höher schlugen und sich das Feuer immer schneller auch wieder in der Nähe der Wohnhäuser ausbreitete. Wir gingen zum nahegelegenen Deer Park, einem herrlichen alten Wald, und sahen dort die Feuerwehr mit ihren Fahrzeugen. Alles in bestem Zustand und auf neuestem Stand, nun aufgrund des Dauereinsatzes mit erschöpften Mannschaften, aber auch frischen Kräften. Es wurden sogar Scherze gemacht, wie das in angespannten Situationen so ist.
Die Einsatzkräfte fuhren mit ihren Geländewagen immer wieder neu mit Wasser betankt an den Berg. Der Wind raste unglücklicherweise immer stärker und machte viele Bemühungen unmöglich. Helikopter konnten nicht aufsteigen und hoch im Berg löschen, sodass die Flammen dort immer höher schlugen. Die große Sorge war, dass das Feuer sich bis in die Siedlung hinein verbreitet. Später sahen wir die lodernden Flammen am nahen Berg und gingen erneut mit mulmigem Gefühl zu Bett.
Am nächsten Morgen weckte uns das Dröhnen der Helikopter, die nun, da der Wind sich gelegt hatte, im Sekundentakt an den Berghang flogen, um die Brandherde mit Wasser zu ersticken. Es war eine wahre Freude, die vier oder fünf Hubschrauber immer wieder mit ihrer nassen Last auf uns zufliegen zu sehen. Der Fluglärm erschien uns geradezu wie Musik.
Gegen Mittag waren die Brände schließlich weitgehend gelöscht. Noch zog Rauch durch die Straßen, aber eine große Erleichterung war zu spüren. Die nachlassende Anspannung entlud sich in Jubel und Applaus am Dienstagabend, als die Kapstädter ihre Dankbarkeit für die großartigen Feuerwehrmänner und -frauen zum Ausdruck brachten. Was für Helden!
Anmerkung der Redaktion: Dem Feuer fielen nicht nur Wildtiere und Pflanzen zum Opfer: Es griff auf den Campus der Universität Kapstadt über und vernichtete einen Großteil der Bibliothek, die Studentenwohnheime mussten evakuiert werden. Auch das Rhodes Memorial wurde in Mitleidenschaft gezogen sowie das nach ihm benannte Restaurant, das wegen seiner fantastischen Aussicht beliebt war. Ein Opfer der Flammen wurde auch Monster‘s Mill, die älteste Windmühle des Landes.